Das »Sphere Tim Raue« im Berliner Fernsehturm
Mit dem Restaurant »Sphere Tim Raue« erhält der Berliner Fernsehturm auf 207 Metern Höhe eine neue Dimension – architektonisch, gastronomisch und kulturell. Im denkmalgeschützten Inneren der Turmkugel wurde ein Ort geschaffen, der Geschichte bewahrt und gleichzeitig neue Perspektiven eröffnet. Mit einem ganzheitlichen Interior-Konzept von Dittel Architekten und der kulinarischen Handschrift von Tim Raue entsteht ein Raum, der weit mehr ist als ein Restaurant: ein atmosphärisch dichter Erlebnisort mit internationaler Strahlkraft.
Fotograf Innenarchitektur: Martin Baitinger

Ein Wahrzeichen neu gedacht
Seit 2020 wird der Berliner Fernsehturm in einem schrittweisen Prozess behutsam transformiert – weg vom reinen Ausflugsziel, hin zu einem lebendigen Ort mit kultureller Relevanz. Der Umbau des historischen Drehrestaurants markiert einen Meilenstein dieser Entwicklung.
Im Zentrum der gestalterischen Idee stand der Respekt vor dem baulichen Erbe: Auf einer Fläche von rund 420 Quadratmetern entstand ein gastronomischer Erlebnisraum, der den ikonischen Look der späten 1960er Jahre respektvoll weiterentwickelt. Im Dialog mit dem Denkmalschutz und der historischen Bausubstanz entstand ein Gesamtkonzept, dass die Architektur des Turms aufnimmt, räumlich interpretiert und atmosphärisch neu inszeniert.
Ein Wahrzeichen wie den Berliner Fernsehturm neu zu denken, bedeutet für uns: mit Respekt vor der Geschichte und einem klaren gestalterischen Anspruch Räume zu schaffen, die sowohl die Vergangenheit würdigen als auch in die Zukunft weisen.
– Frank Dittel, Geschäftsführer & Inhaber Dittel Architekten.


MATERIALITÄT MIT HALTUNG: EIN DIALOG AUS ALT UND NEU
Die Material- und Farbwelt ist von der ursprünglichen Gestaltung der 1960er Jahre inspiriert: retro-inspirierte, warme Creme- und Brauntöne, kombiniert mit akzentuierendem Dunkelblau. Bestehende Möbel wurden ressourcenschonend aufgearbeitet, Wandverkleidungen originalgetreu rekonstruiert und mit hochwertigen, langlebigen Oberflächen ergänzt.
Ziel war es, den monolithischen Charakter der Außenarchitektur mit einem einladenden, zeitgemäßen Innenraum in einen neuen Dialog zu setzen. Der denkmalpflegerische Anspruch war dabei ebenso richtungsgebend wie die Notwendigkeit, den Gastraum funktional und atmosphärisch an die Anforderungen der heutigen Spitzenküche anzupassen. Die Handschrift Tim Raues – geprägt von den Kontrasten süß, sauer, scharf – trifft im Sphere auf eine räumliche Inszenierung, die ebenfalls mit Gegensätzen spielt: zwischen Vergangenheit und Zukunft, Retro und Zeitgeist, Alltag und Exklusivität.

Architektonisches Konzept: Die Geometrie der Kugel als Leitmotiv
Die architektonische Grundstruktur des »Sphere Tim Raue« folgt konsequent der konzentrischen Geometrie der Turmkugel. Das Raumgefüge gliedert sich in drei funktional wie atmosphärisch differenzierte Zonen, die gemeinsam eine fließende räumliche Choreografie ergeben – eine radiale Bewegung zwischen Ausblick, Aufenthalt und Service.
Der Drehring – Ein radiales Raumkonzept
Die äußere Zone des Restaurants wird durch den sich drehenden Ring an der Glasfassade gebildet. Hier sind die Sitzplätze angeordnet – mit einem einzigartigen 360-Grad-Blick auf Berlin. Die kontinuierliche Drehbewegung macht den Aufenthalt zu einem Panoramaerlebnis, das sich mit dem Tageslicht wandelt.
Die Mittelzone – Licht, Ruhe, Orientierung
Der innenliegende Laufweg, der parallel zum Drehring verläuft, fungiert als zentrale Erschließungszone. Er ist bewusst hell, offen und freundlich gestaltet – mit reduzierter Lichtführung, hellen Oberflächen und einem tiefblauen Teppichboden, der visuelle Ruhe und akustische Klarheit schafft.
Ein besonderer Fokus lag auf der Lichtgestaltung: Um bei Dämmerung und in den Abendstunden unerwünschte Lichtspiegelungen an der Glasfassade zu vermeiden, wurden eigens entwickelte Tischleuchten mit 3D-gedruckten Abblendrastern eingesetzt. So bleibt der Blick auf die nächtliche Stadt auch bei Dunkelheit ungestört.



Die Einschnitte – Bar, Weinnische und Servicebereiche
In die Wandzonen des Innenrings sind die funktionalen Elemente integriert: Eine neue Bartheke in Travertinoptik und gebürstetem Edelstahl zitiert die historische Ausstattung, eine intim inszenierte Weinnische bietet Rückzug. Farblich durchgängige Servicenischen in tiefem Dunkelblau gliedern den Raum und schaffen strukturierte Übergänge zu den technischen Bereichen. Die Decken in diesen Bereichen sind bewusst niedriger und dunkel abgesetzt – ein gezielter Kontrast, der das radiale Raumkonzept zusätzlich betont und die Aufenthaltsqualität unterstreicht.
Die drei Verbindungsgänge zum inneren Kern des Turms – die sogenannten Servicenischen – sind in einem satten Dunkelblau gehalten. Durch das „Colour Drenching“ wird ihre halböffentliche Funktion als Übergang zu Lager- und Betriebsflächen, Kassen und Serviceeinheiten kenntlich gemacht.

Architektur als lebendiger Dialog: Ein Ort für Berlin – und darüber hinaus
Mit dem »Sphere Tim Raue« wird der Berliner Fernsehturm nicht nur räumlich transformiert, sondern auch kulturell neu verortet. Die Architektur agiert als vermittelnde Instanz – zwischen Alt und Neu, Funktion und Atmosphäre, Denkmal und Lebensraum.
Das ganzheitliche Interior-Konzept steht exemplarisch für eine zeitgemäße Lesart öffentlicher Räume: respektvoll gegenüber dem Bestand, hochwertig in der Materialwahl, nutzerorientiert im Anspruch. Es verbindet architektonische Haltung mit gastronomischer Exzellenz und schafft so einen Ort, der gleichermaßen Alltag wie Anlass sein kann.
Der Fernsehturm wird damit wieder zu dem, was er einmal war – und zugleich zu etwas Neuem: einem lebendigen Ort für Berlin und darüber hinaus. Authentisch, zukunftsgewandt und tief in der urbanen Identität verankert.
Das Sphere Tim Raue ist mehr als ein neues Restaurant im Berliner Fernsehturm. Es ist ein Statement für Offenheit, Erinnerung und zeitgemäße Begegnung. Wo einst Symbol war, entsteht nun ein Raum für Gemeinschaft – vielschichtig, zugänglich und zutiefst mit Berlin verbunden.
– Gesche Falkenburg, Projektleitung Dittel Architekten.
